Anfrage Ukraine-Flüchtlinge

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Mit den geflüchteten Menschen aus der Ukraine treten Fragen auf. Bei den Geflüchteten selbst genauso, wie bei Helfern und Unternehmen. Mit einer Anfrage versucht die Gruppe Piraten einige dieser Fragen zu klären.

Sehr geehrter Herr Landrat Hendele,

in der Ukraine herrscht seit nunmehr 4 Wochen Krieg. Viele Menschen aus der Ukraine streben in die Länder der NATO, um hier Schutz zu finden. Nach Angaben von Statista (1) (Stand 11.03.2022) sind bereits über 2,5 Mio. Menschen geflüchtet. Den Medien ist darüber hinaus zu entnehmen, dass aktuell mit 10 Millionen Flüchtlingen zu rechnen ist.

Auch der Kreis Mettmann wird von dieser Entwicklung betroffen sein und es gilt, sich vorzubereiten.

Aus Sicht der Gruppe Piraten sind die Flüchtlinge in verschiedenartige Gruppen unterteilt. So gibt es die Menschen, die als Nichtdeutsche ohne Bezug und Kontakte nach Deutschland reisen. Es gibt darüber hinaus auch Flüchtlinge, die nach dem Bundesvertriebenengesetz als Vertriebene gelten. Und es gibt Flüchtlinge, die schon Bekannte oder Verwandte in der Region haben – oder sogar bereits für Firmen in der Region arbeiten. Insbesondere zu letztgenanntem Thema sind auf den Seiten des Kreises Mettmann und der verlinkten Seiten der Städte keine Informationen zu finden.

Aktuell gibt es eine Webseite mit Informationen über den Ukraine-Konflikt (siehe: https://www.kreis-mettmann.de/Weitere-Themen/Sicherheit-Ordnung/Ausländerangelegenheiten/Ukraine-Konflikt/).

Im Namen der Gruppe Piraten bitte ich um die die zeitnahe Beantwortung folgender Fragen:

  1. Stehen im Landkreis Mettmann aktuell Unterkünfte für Vertriebene zur Verfügung, die zeitnah genutzt werden können?
    Wenn ja:
    Wo befinden sich diese Unterkünfte?
    Über welche Aufnahmekapazitäten verfügen sie?
    Wenn nein:
    Welche Maßnahmen unternimmt der Kreis Mettmann aktuell, um sich auf die absehbaren Anforderungen vorzubereiten?
  2. Liegen der Verwaltung Erkenntnisse vor, wie sich von Seiten des Landes die Verteilung der aus der Ukraine vertriebenen Menschen gestalten und deren Status bewertet wird?
  3. Auf der oben genannten Informationsseite des Kreises Mettmann wird kein Ansprechpartner für diese Themen genannt. Wen kann ein ukrainischer Flüchtling kontaktieren, wenn er Fragen hat. Der Gruppe Piraten liegt ein Fall, in der dem Flüchtling mitgeteilt wurde, dass an diesem Arbeitstag kein Ansprechpartner anwesend war – und er am Folgetag sein Glück versuchen sollte. Was tut der Kreis um sicherzustellen, dass an jedem Wochentag und ggf. auch am Wochenende geeignete Ansprechpartner für diesen Personenkreis zur Verfügung stehen?
  4. Wo findet ein ukrainischer Flüchtling Informationen, der ggf. als Vertriebener im Rahmen des Bundesvertriebenengesetzes einzuordnen ist?
  5. Damit ein ukrainischer Flüchtling Anspruch auf Krankenversicherung hat, ein Bankkonto beantragen kann, ein Mobilfunkvertrag abschließen kann, etc., benötigt er eine Meldeadresse. Mit welcher Dauer kann ein ukrainischer Flüchtling rechnen, bis diese Beantragung abgeschlossen ist?
  6. Wenn Unternehmen aus der Region, Mitarbeiter aus der Ukraine nach Deutschland holen: wo können die Unternehmer Informationen finden, z.B. über Möglichkeiten einer korrekten Weiterbeschäftigung dieser Menschen?
  7. Wenn in der Ukraine ansässigen Mitarbeiter von Unternehmen aus der Region hier vor Ort weiter ihre Tätigkeiten verrichten möchten, dann können Sie dies erst nach einer ordnungsgemäßen Abwicklung der Registrierung tun. Mit welcher Dauer muss ein Unternehmer bei diesem Vorgang rechnen – und was tut die Kreisverwaltung, um diese möglichst gering zu halten?

Freundliche Grüße

Gruppe Piraten

Thomas Küppers                                                      Andreas Benoit

Quellen:

(1)https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1293861/umfrage/anzahl-der-kriegsfluechtlinge-aus-der-ukraine-nach-aufnahmeland/


Antwort der Kreisverwaltung vom 4.4.2022

DER LANDRAT / 04.04.2022
III/33 / IV/50

Anfrage der Gruppe PIRATEN vom 26.03.2022 für die Sitzung des Kreistages am
07.04.2022
Situation und Beschäftigung von Geflüchteten aus der Ukraine


1. Stehen im Landkreis Mettmann aktuell Unterkünfte für Vertriebene zur Verfügung,
die zeitnah genutzt werden können? Wenn ja: Wo befinden sich diese Unterkünfte?
Über welche Aufnahmekapazitäten verfügen sie? Wenn nein: Welche Maßnahmen
unternimmt der Kreis Mettmann aktuell, um sich auf die absehbaren Anforderungen
vorzubereiten?
Die aktuelle Situation fordert allen Ebenen der Verwaltung, Netzwerken und
Hilfsorganisationen zusätzlich zur jeweiligen Coronalage zielgerichtete Handlungen ab. Für
die Unterbringung und existenzielle Absicherung von Geflüchteten – auch aus der Ukraine –
sind die kreisangehörigen Städte zuständig. Seit Beginn der kriegerischen Handlungen in der
Ukraine sind die Städte auf dem Gebiet der Organisation und dem Ausbau von
Unterbringungskapazitäten unterwegs. Die Städte planen aktuell immer weitere Kapazitäten,
um den weiteren Entwicklungen des Zustroms gerecht zu werden. Derzeit können alle
aufkommenden und zugewiesenen Personen durch die Städte untergebracht werden. Das
Kreissozialamt unterstützt die örtlichen Sozialämter aktiv und stellt auch die Rückkopplung der
Sachlage in den Krisenstab sicher. Auf der Landesebene werden derzeit die Zuweisungs- und
Verteilmechanismen geschärft. Hierdurch werden klarere und verbindlichere
Planungsgrundlagen für weitere Kapazitätserweiterungen erwartet. Eine Übersicht der
Unterkünfte liegt bei der Kreisverwaltung nicht vor.

2. Liegen der Verwaltung Erkenntnisse vor, wie sich von Seiten des Landes die
Verteilung der aus der Ukraine vertriebenen Menschen gestalten und deren Status
bewertet wird?
Durch die Aktivierung der EU-Massenzustromrichtlinie ist für die Geflüchteten aus der Ukraine
ein grundsätzlicher Aufenthaltsstatus nach § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) gegeben. Damit
erfolgt eine leistungsrechtliche Zuordnung zum Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in der
Zuständigkeit der kreisangehörigen Städte.
Die Verteilung bzw. Zuweisung der Geflüchteten erfolgt aktuell über die sog. „Pufferzentren“
auf Landesebene direkt in die kreisangehörigen Städte. Darüber hinaus werden auf der
örtlichen Ebene regelmäßig Fälle bekannt, die in privaten Situationen untergebracht sind und
so in die leistungsrechtliche Zuständigkeit der Städte bzw. zur Unterbringung vorstellig
werden.
Die abschließenden Regelungen stehen aktuell – wie unter 1 dargestellt – noch aus.

3. Auf der oben genannten Informationsseite des Kreises Mettmann wird kein
Ansprechpartner für diese Themen genannt. Wen kann ein ukrainischer Flüchtling
kontaktieren, wenn er Fragen hat. Der Gruppe Piraten liegt ein Fall, in der dem
Flüchtling mitgeteilt wurde, dass an diesem Arbeitstag kein Ansprechpartner
anwesend war – und er am Folgetag sein Glück versuchen sollte. Was tut der Kreis
um sicherzustellen, dass an jedem Wochentag und ggf. auch am Wochenende
geeignete Ansprechpartner für diesen Personenkreis zur Verfügung stehen?
Den Geflüchteten stehen die zuständigen Ansprechpartner der örtlichen Sozialämter und
Ordnungsämter zur Verfügung. Alle Verantwortlichen sind bemüht, den Geflüchteten,
Angehörigen und auch engagierten Ehrenamtlichen mit Rat und Tat zur Seiten zu stehen.
Einen zentralen Ansprechpartner für alle denkbaren Belange der Geflüchteten gibt es – auch
aufgrund verschiedener Zuständigkeiten – nicht. Sowohl die Städte als AsylbLG-Behörden,
als auch das Ausländeramt des Kreises Mettmann und auch die Akteure auf den Gebieten des
Ehrenamtes, der Integration und des Gewaltschutzes stehen jederzeit zur Verfügung und
nehmen Verweisberatungen vor. Die Informationen auf der Homepage des Kreises Mettmann
werden fortlaufend aktualisiert (zuletzt am 28.03.2022). Dort finden sich auch weiterführende
Links.4. Wo findet ein ukrainischer Flüchtling Informationen, der ggf. als Vertriebener im
Rahmen des Bundesvertriebenengesetzes einzuordnen ist?
Die Regelungen des Bundesvertriebenengesetzes werden von hieraus als nicht einschlägig
betrachtet. Konkrete Fallgestaltungen sind nicht bekannt und entsprechende Anträge müssten
beim Bundesverwaltungsamt gestellt werden.

5. Damit ein ukrainischer Flüchtling Anspruch auf Krankenversicherung hat, ein
Bankkonto beantragen kann, ein Mobilfunkvertrag abschließen kann, etc., benötigt
er eine Meldeadresse. Mit welcher Dauer kann ein ukrainischer Flüchtling rechnen,
bis diese Beantragung abgeschlossen ist?
Die melderechtliche Erfassung der Geflüchteten obliegt den Einwohnermeldeämtern der
kreisangehörigen Städte. Grundsätzlich können auch die Anschriften städtischer Unterkünfte
als Meldeanschrift verwendet werden. Es wird angenommen, dass bei den Meldeämtern
aufgrund des hohen Andrangs mit Wartezeiten zu rechnen ist. In einigen Städten ist es
möglich, online einen Termin zu vereinbaren.
Leistungsrechtlich fallen die Geflüchteten in den Rechtskreis des AsylbLG. Damit ist auch eine
Absicherung der medizinischen Grundversorgung verbunden. Sofern ein Bankkonto
erforderlich wird, stehen bei diversen Bankinstituten für die betreffende Personengruppe
unkomplizierte Kontoeröffnungen zur Verfügung.

7. Wenn in der Ukraine ansässigen Mitarbeiter von Unternehmen aus der Region hier
vor Ort weiter ihre Tätigkeiten verrichten möchten, dann können Sie dies erst nach
einer ordnungsgemäßen Abwicklung der Registrierung tun. Mit welcher Dauer muss
ein Unternehmer bei diesem Vorgang rechnen – und was tut die Kreisverwaltung, um
diese möglichst gering zu halten?
Eine Registrierung ist ausschließlich beim Ausländeramt möglich. Für die Registrierung ist
eine so genannte PIK-Station erforderlich. Dabei handelt es sich um ein Ensemble
verschiedener Geräte. PIK steht für Personalisierungs-Infrastruktur-Komponente.
Das Ausländeramt verfügt – wie nahezu alle Ausländerbehörden – über lediglich eine PIK-
Station. Eine weitere wurde bestellt; die Lieferung steht aus.
Die Registrierung ist ausgesprochen zeitaufwändig, so dass es mehrere Wochen dauern wird,
alle bislang Eingereisten auf diese Weise zu erfassen. Um Erwerbstätigkeiten zügig
ermöglichen zu können, sollten dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis neben
einer Fotokopie des Nationalpasses auch eine Fotokopie des Arbeitsvertrages (ggf. in
Übersetzung) oder andere Belege für die beabsichtigte Beschäftigung beigefügt werden.